Handelskammer Bozen
Diego Cattoni

Der erste grüne Korridor Europas

Interview mit Diego Cattoni
Datum:  April 2021

Der Corona-Notstand hat verheerende Auswirkungen auf die Wirtschaft – das bestätigt auch die Brennerautobahn AG. Wir haben mit Geschäftsführer Diego Cattoni gesprochen.

Dott. Cattoni, wie haben sich die Benutzerzahlen bzw. die Fahrten entlang der A22 im Krisenjahr 2020 entwickelt?
Die Autobahn ist ein Abbild der Wirtschaft: Sind die Produktion, der Handel und die Touristenströme im Steigen begriffen, so nehmen gleichzeitig auch die Verkehrsflüsse zu. Während der Schwerverkehr einen den Umständen entsprechenden Rückgang verzeichnet hat, so ist der Leichtverkehr zeitweise regelrecht eingebrochen.

Könnten Sie die Daten mit einem „normalen“ Jahr auf der Brennerautobahn vergleichen?
Vorausgeschickt, dass das Verkehrsaufkommen bis Februar letzten Jahres gegenüber dem Rekordjahr 2019 - was die gefahrenen Kilometer anbelangt - noch zulegen konnte, verzeichnet 2020 ein Minus von 35 Prozent beim Leicht- bzw. ein Minus von 14 Prozent beim Schwerverkehr.

Welche Maßnahmen in Bezug auf das Coronavirus hat die Brennerautobahngesellschaft zum Schutz der Kund/innen sowie der Mitarbeiter/ innen ergriffen?
Der Schutz der Gesundheit von Kund/innen sowie Mitarbeiter/ innen war und ist für uns das wichtigste in dieser Ausnahmesituation, zusammen mit der Gewährleistung von Sicherheit, Servicequalität und Investitionen auf der Autobahn. Zuallererst haben wir die physische Präsenz der Mitarbeiter/innen auf das Nötigste reduziert und in den Büros auf größtmöglichen Abstand geachtet. Es wurde auf Smart Working umgestellt und ein alternativer Standort (disaster recovery) in San Michele eingerichtet. Dies für den Fall, dass der Sitz in Trient aufgrund einer Kontamination vorübergehend nicht von den Mitarbeiter/innen des Benutzerservicezentrums betreten werden darf.

Der vermehrte Einsatz der automatischen Kassen während der Pandemie ist nicht unbedingt auf große Freude bei den Benutzer/innen gestoßen – was spricht für deren Einsatz und was für die Beschäftigung von Mitarbeiter/ innen an den Mautstellen?
Sie müssen wissen, dass ein/e Mauteinheber/in pro Schicht bis zu 1.100 Transaktionen durchführen kann – das sind 1.100 persönliche Kontakte, 1.100 Tickets sowie 1.100 Zahlungen mit Bargeld oder Karte. Und das von Personen, die von überall herkommen und in alle Länder der Welt zurückkehren. Deshalb ist es leicht zu verstehen, warum die Brennerautobahn diese Kontakte verringern möchte, zum Schutz der Mitarbeiter/innen, der Kund/innen, der Sanität und auch der Region. Es stimmt: Wer bezahlt, verliert weniger Zeit bei einem Bediensteten als mit einer automatischen Kasse. Unsere Absicht ist es, den Zahlungsvorgang so weit als möglich zu beschleunigen und das mit einem ausgewogenen Gleichgewicht zwischen manueller Mauteinhebung und neuen Formen der automatischen Bezahlung.

Denken Sie, dass Covid-19 das Mobilitätsverhalten der Personen und auch den Gütertransport nachhaltig verändern wird?
Ich weiß nicht, ob es am Corona- Notstand oder an der Sorge ums Klima liegt, aber alle im Transportwesen tätigen Personen können beobachten, wie rege ein gesamtheitliches Umdenken in Sachen Mobilität stattfindet. Die Brennerautobahn beschreitet hierbei eine Vorreiterrolle: Schnellladesäulen für Elektrofahrzeuge auf dem gesamten Abschnitt, das einzigartige Wasserstoffzentrum IIT in Bozen, erfolgreiche Erprobung der dynamischen Geschwindigkeitsregelung im Rahmen von BrennerLec und viele weitere Projekte mit Augenmerk auf die Umwelt. Unser großes Ziel heißt „Green Corridor“ und besteht in einem gesamtheitlichen Konzept zwischen Straße und Schiene, bei welchem der Güterverkehr sukzessive auf die Schiene verlagert und die Autobahn innovativer und grüner werden soll. Der Brennerkorridor wird der erste grüne Korridor Europas sein.

Abschließend zum Stichwort „Digitaler Korridor“: Welche Schritte im Bereich der Digitalisierung sind geplant, um die Autobahn smarter zu gestalten?
Zu den größten, anstehenden Bauten zählen die dritte Spur von Verona nach Modena sowie die dritte dynamische Fahrspur von Bozen nach Verona, aber eine Autobahn der Zukunft wird hauptsächlich an deren technologischem Fortschritt gemessen: Smarte Fahrzeuge brauchen ebenso smarte Autobahnen. Entlang der A22 wurden bereits die „Road Side Unit“ installiert, welche für die Interaktion mit den dafür ausgestatteten Fahrzeugen notwendig sind. Getestet werden auch zwei Anwendungen, Truck Platooning und Highway Chauffeur. Das Ziel ist eine Autobahn, die vollständig mit den darauf fahrenden Fahrzeugen verbunden ist.

Zur Person

Diego Cattoni, seit Juli 2019 Geschäftsführer der Brennerautobahn AG. Der Manager, Jahrgang 1965, hat nach seinem Wirtschaftsstudium in Trient leitende Rollen, unter anderem bei „Gruppo Lunelli - Ferrari Spumante“ sowie „Dolomiti Energia Holding SpA“ bekleidet.

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