Handelskammer Bozen
Lun, Schuler, Ebner, Tiefenthaler, Aberer (c) hk

WIFO-Studie: Südtirols Almbetriebe

Großraubwild und Weidepflege als größte Herausforderungen

Data: 
Donnerstag, 20. April 2023
Uhrzeit: 

Aktuell steht die Südtiroler Almwirtschaft vor großen Herausforderungen, wie auch die intensiv geführte Debatte zur Wolfsproblematik zeigt.  Aus diesem Grund hat das WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen die aktuellen Strukturdaten, die größten Herausforderungen sowie die Chancen für eine zukunftsfähige Almwirtschaft untersucht. Dazu wurde unter anderem eine repräsentative Online-Befragung bei 420 aktiven Almbetrieben durchgeführt.

Auf rund 15 Prozent der gesamten Südtiroler Landesfläche wird Almwirtschaft betrieben. Ein Drittel der rund 1.400 aktiven Almbetriebe bewirtschaftet eine Almfläche von weniger als 5 Hektar. Jeder zehnte Almbetrieb hat hingegen eine Fläche von über 100 Hektar. Im Jahr 2021 wurden auf Südtirols Almen insgesamt 86.433 Rinder, Ziegen und Schafe aufgetrieben. Im Vergleich zum Jahr 1970 ist die Anzahl der gealpten Rinder leicht zurückgegangen, während immer mehr Kleinvieh wie Schafe und Ziegen gesömmert werden. 

Die Südtiroler Almbetriebe haben im Jahr 2021 rund 33,1 Millionen Euro an Einnahmen erzielt. Fast die Hälfte aller Einnahmen entfallen auf öffentliche Förderungen. Es folgen die Einnahmen aus dem Viehauftrieb (26,2 Prozent) und aus dem Ausschank (21,2 Prozent).  

Ein Hauptziel der Erhebung bestand darin, das aktuelle Stimmungsbild bei den Südtiroler Almbetrieben einzufangen. Ein überraschendes Ergebnis ist, dass rund 80 Prozent der Almbetriebe Schwierigkeiten haben, sich ausreichend um die Weidepflege zu kümmern. Gleich viele Almbetriebe empfinden erwartungsgemäß die Rückkehr des Großraubwildes als Bedrohung. Als größtes Problem werden in diesem Zusammenhang der emotionale Verlust durch gerissene Tiere sowie die Befürchtung, dass die Bauern und Bäuerinnen ihr Vieh nicht mehr auftreiben wollen, genannt. Als Maßnahmen zum Schutz vor dem Großraubwild fordern sie in erster Linie eine Bestandsregulierung, die Entnahme von Problemtieren und die Schaffung von wolfsfreien Zonen, während Maßnahmen zum Herdenschutz ihrer Meinung nach weniger relevant sind.

Mit Blick auf die Zukunft glaubt jeder vierte Almbetrieb, dass seine Alm in den nächsten zehn Jahren aufgrund der angesprochenen Herausforderungen nicht mehr bewirtschaftet wird. Trotzdem erkennen die Almbetriebe auch Chancen, allen voran in der Vermarktung der eigenen, hochwertigen Almprodukte. Auch neue Angebote, wie z.B. die touristische Nutzung der Almen im Winter oder spezielle Bildungsangebote für Gäste sind zumindest für einen Teil der Befragten eine interessante und sinnvolle Erweiterung ihrer Tätigkeit.

„Der Wolf gehört zu den aktuell größten Bedrohungen für das Almvieh. Da er nicht mehr vom Aussterben bedroht ist, müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden, um eine Bestandsregulierung zu ermöglichen und wolfsfreie Zonen zu schaffen“, ist Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen überzeugt. 

„Die traditionelle Almwirtschaft ist mit der Ausbreitung des Großraubwildes unvereinbar: Ohne eine rasche Regulierung dieser Tierarten werden Nutztiere nicht mehr aufgetrieben und Almen aufgelassen – mit verheerenden Folgen für das Landschaftsbild, die Artenvielfalt und den Tourismus“, unterstreicht Leo Tiefenthaler, Landesobmann des Südtiroler Bauernbundes. 

Landesrat Arnold Schuler betont: „Der Erhalt der Almwirtschaft gehört zu den obersten Zielen auf politischer Ebene und wird dementsprechend auch mit Zuschüssen unterstützt. Trotzdem bleibt die Almwirtschaft aber eine Herausforderung und dessen sind wir uns bewusst. In Bezug auf die Großraubwildproblematik hat die derzeitige Situation im Trentino gezeigt, wie schwierig es ist, eine Regulierung vorzunehmen. Es ist deshalb wichtig, dass auf allen Ebenen gemeinsam gearbeitet wird. Auch ich persönlich werde mich weiterhin dafür einsetzen, damit den Almbetrieben auch in Zukunft ihre wichtige Rolle erhalten bleibt.“

Der WIFO-Bericht 1.23 „Die Zukunft der Almwirtschaft in Südtirol – Herausforderungen und Chancen aus Sicht der Almbetriebe“ wurde auf Anregung des Südtiroler Bauernbundes und in Zusammenarbeit mit der Südtiroler Landesverwaltung realisiert und steht auf der Website www.wifo.bz.it/studien zum Download bereit.

Weitere Auskünfte erteilt das WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung, Ansprechpartner Urban Perkmann, Tel. 0471 945 718, urban.perkmann@handelskammer.bz.it und Cristina Stuffer, Tel. 0471 945 703, cristina.stuffer@handelskammer.bz.it

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