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Wirtschaft = Zukunft
Mit der Datenbrille auf dem Bau

Mader

Mit der Datenbrille auf dem Bau

Augmented und Virtual Reality haben auf unseren Baustellen Einzug gehalten. Building Information Modeling (BIM) begleitet ein Gebäude von der Planung an ein Leben lang.

Herr Martinelli, welche Rolle spielen Augmented und Virtual Reality bei Mader?
Martin Martinelli: Augmented Reality (AR) benutzen wir zum Beispiel beim Anzeichnen auf den Baustellen, Virtual Reality (VR) in der Badabteilung, um eine Vorstellung vom Projekt zu bekommen. Aber Building Information Modeling (BIM) ist viel mehr, es geht um die vernetzte Planung, den Bau und die Bewirtschaftung von Gebäuden mithilfe von Software.

Worum geht es da?
Wir können über eine Augmented-Reality-Brille (Hololens2) auf der Baustelle Schlitze und Durchbrüche anzeichnen, viel schneller als wenn wir mit gedruckten Plänen arbeiten. Wir können Baufortschritte per Hologramm bestätigen, das System weiß dann genau, was gemacht wurde, was ich abrechnen kann, was für Material ich morgen brauche. Wir können jedem Gegenstand, also jedem Volumenkörper, ein Etikett mit Informationen dazustellen, zum Beispiel spezifische Informationen, das Benutzerhandbuch oder Wartungsinformationen. Dieses Etikett kann man fortwährend mit Infos füllen, dann können sich Technik und Verwaltung die Infos rausfiltern, die sie gerade brauchen. Jedes Haus hat einen Lebenszyklus. Ideal wäre, wenn auch nach Bauende die Etiketten aktualisiert werden, zum Beispiel, wann ein Filter einer Wohnraumlüftung gewechselt wurde.

Wie kamen Sie zu Ihrem Spezialgebiet?
Ich habe zu BIM recherchiert, habe alles zusammengesucht, was ich fand, hab mit Leuten geredet, bin auf Messen und zu anderen Firmen. Ich habe sehr viele Softwares intensiv getestet. Wir bei Mader arbeiten in den Bereichen Heizungs-, Kälte-, Lüftungs- und Sanitäranlagen (HKLS). Dazu kommt auch Anlagenbau, Elektro, Bau und Immobilien. Da ist es schwierig, den richtigen Anbieter zu finden. Die Technologie ist noch im Aufbau, wir müssen flexibel bleiben, um auf die richtigen Systeme setzen zu können. Und ich habe den Fachexperten in BIM beim Verband deutscher Ingenieure VdI gemacht.

Worauf muss man achten?
Dass alle eine gemeinsame Sprache sprechen. Kommunikation ist sehr wichtig. Nicht nur verbal: die Informationen gehen durch mehrere Hände, vom Architekten zum Anlagenplaner zum ausführenden Handwerker und werden in verschiedenen Programmen verarbeitet. Alle müssen sauber arbeiten, damit das nächste Programm das richtig erkennt. Dann kann das Programm selbstständig erste Werte errechnen, zum Beispiel die Heiz- & Kühllast oder benötigte Leiterquerschnitte.

Eine große Arbeitserleichterung.
Das System hilft mir bei der Planung. Ich kann über zusätzliche Programme einen Modelcheck durchführen und über bestimmte Regeln bekomme ich einen Warnhinweis, dass z.B. der Gang, in dem die behindertengerechte Tür eingebaut wird, den Normen entsprechend breiter ausfallen muss.  Wenn ich auf der Baustelle drei Gewerke habe, haben bestimmt alle drei einen anderen Plan in der Hand. Für was plane ich dann? Mir ist lieber, wenn alle den Plan auf dem Tablet haben.

Was ist die größte Herausforderung?
Die Leute mitzunehmen. Man muss schauen, dass sich der Aufwand der Planung in Grenzen hält und intern eigene Schulungen angeboten werden. Sonst verlierst du die Leute. Entscheidend ist: Was brauchen die Leute auf der Baustelle? Was macht die Arbeit auf der Baustelle einfacher?

Gibt es Unterschiede zwischen den Generationen?
Nicht alle Jungen sind dafür, nicht alle Älteren sind dagegen. Es dauert manchmal, bis sie den Mehrwert verstehen. Sie müssen selbst sehen, dass sie dank AR schneller sind.

Wie wird es in diesem Bereich weitergehen?
BIM wurde seit 2019 bei öffentlichen Bauten (über oder gleich 100 Mio. Euro Bauumfang) Pflicht. Ab 2025 betrifft es Bauten unter 1 Mio. Euro. Einige meinen, es würde nicht umgesetzt werden. Diese werden sich bei öffentlichen Ausschreibungen in Zukunft schwertun. Ich bin überzeugt, dass mit der Zeit auch der Private eine solche Planung und Umsetzung wünscht und dies somit, wie bereits in anderen Teilen der Erde, sich als Standard durchsetzen wird.

Info

Martin Martinelli

Martin Martinelli, 36, ist gelernter Maschinenbau-Fachmechaniker, BIM Fachexperte VDI und seit 2017 bei Mader. Erst als technischer Zeichner, seit 2020 ist er BIM-Koordinator MEP. „Ich versuche, die Neuerungen mit Hausverstand einzuführen“, sagt er. „Nicht auf Druck alles umsetzen, sondern das, das Vorteile bringt.“

Die Firma Mader gibt es seit dem Jahr 1987. Angefangen als Installateure für Heizung- und Sanitäranlagen deckt man mittlerweile auch die Bereiche Elektro, Lüftung, Anlagenbau, regenerative Energien, Bau und Immobilien ab. Die Kanäle der Lüftungsanlagen werden im Haus gefertigt. Rund 200 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen, weitere 130 im Feuerstein Nature Family Resort in Pflersch, das zur Mader Holding gehört.
Um den Bereich Augmented Reality kümmert sich vor allem Martin Martinelli, zum erweiterten Team gehören rund 15 Mitarbeiter.

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